Vorwärts!
Das Thema „Mein Pferd will nicht vorwärts gehen“ ist ja kein so seltenes. Wie…. Vorwärts gehen…. Denkst du jetzt vielleicht. Es geht doch um den Blick. Ja genau. Hast du schonmal wirklich darauf geachtet, was du mit deinen Augen machst? Und welche Wirkung das auf dein Pferd hat?
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Viele schauen immer wieder gerne und mit schöner Regelmäßigkeit nach unten beim Reiten. Sie fixieren mit den Augen die Schulter ihres Pferdes, letztlich, um etwas mehr Kontrolle zu haben. Über das Pferd und vielleicht auch über sich selber. Sie „überwachen“ sozusagen das Laufen.
Was heißt denn jetzt eigentlich „ich fixiere etwas“. Die Frage fand ich durchaus spannend und habe mal ein bisschen recherchiert. Fixieren heißt zum einen „etwas unverwandt ansehen“. Zum Beispiel die Schultern des Pferdes beim Laufen. Es heißt aber auch „die Aufmerksamkeit, das Interesse allein auf eine einzige Sache richten (und dadurch andere Aspekte, Alternativen o. Ä. außer Acht lassen)“. Das Wort an sich kommt, wie so viele Wörter, aus dem Lateinischen „fixare“ und das bedeutet „festmachen“.
Zähe Pferde, ackernde Reiter
Wenn ich so auf den Reitplätzen unterwegs bin und Unterricht gebe, begegnen mir durchaus häufig Reiter, die etwas Mühe haben, ihre Pferde vorwärts zu bekommen. Da wird dann gerne mal mit dem Schenkel geklopft, auch mal mit der Gerte gewedelt, der Effekt ist aber entweder der Gegenteilige oder hält nicht lange an. Da wird möglichst abwechslungsreich gearbeitet, damit es nicht langweilig wird und die Motivation erhalten bleibt. Der Sattel wird gecheckt, Physio gemacht und die Kraftfutterportion erhöht. Das Pferd kommt trotzdem nur bedingt von der Stelle.
Und dann komme ich zur Reitstunde und beobachte folgendes: Reiter die mit gesenkten Köpfen auf ihren Pferden sitzen, den Blick nach unten gerichtet. Pferde, die Probleme damit haben in Schwung zu kommen und ihre Reiter dadurch in Nöte bringen. Sie strampeln sich ab, treiben, was das Zeug hält, machen sich fest, schieben. Und schauen feste nach unten. Wie reagiert das Pferd? Es macht sich fest, drückt den Rücken weg, geht immer mehr gegen den Schenkel oder reagiert gar nicht mehr darauf. Es fällt zudem immer mehr auf die Vorhand. Der Reiter müht sich immer mehr ab.
Da, wo du hinschaust, da geht es auch hin
Was ist passiert? Warum helfen alle Maßnahmen dagegen nicht oder nur bedingt. Unser Blick leitet die Bewegung ein. Das wissen wir ja. Also…. Dahin, wo ich blicke, da geht mein Weg hin. Wenn ich jetzt regelmäßig und intensiv nach unten sehe, geht meine Aufmerksamkeit natürlich auch nach unten. In den Boden. Pferde folgen immer unserer Aufmerksamkeit. Und in diesem Falle…. Nach unten in den Boden. Ich fixiere also mein Pferd und wundere mich, dass es nicht vom Fleck kommt. Wenn ich dann noch anfange, mehr zu treiben, mit dem Schenkel und mit dem Becken Druck zu machen, wird das Pferd immer mehr dagegen gehen. Und sich immer mehr stecken. Druck erzeugt Gegendruck. Und der kann eben nicht nach vorne raus. Der Weg ist versperrt.
Wenn wir jetzt zusammen nochmal an den Anfang meines Artikels springen, bedeutet das übersetzt folgendes: Wenn du dich beim Reiten auf die Schultern deines Pferdes fixierst, richtest du damit deine Aufmerksamkeit allein auf eine einzige Sache (das Laufen) und dir entgehen dadurch andere, vielleicht wichtige Aspekte und Alternativen (zum Beispiel ein Hindernis, das auf dem Weg plötzlich auftaucht, ein Baum mit leckeren Äpfeln oder der Schlepper, der dir auf dem Weg entgegenkommt). Zusätzlich hältst du das Pferd fest. Du „drückst“ es vor dir auf den Boden und wunderst dich vielleicht, dass es immer langsamer und zäher wird. Freies, schwungvolles Vorwärts wird für das Pferd unmöglich.
Alles im Blick haben
Dieser Blick nach unten resultiert oft aus einer Unsicherheit des Reiters heraus. „Alles im Blick haben“ bedeutet ja auch, rechtzeitig zu sehen, wenn was schief läuft oder vielleicht sogar gefährlich ist. Für viele ist es wichtig, die Kontrolle zu haben. Über sich und das Pferd. Was damit aber in Vergessenheit gerät, weil es eben nicht mehr im Fokus ist, ist der Weg, bzw. das Ziel. Die Aufmerksamkeit ist ja wo anders.
Wenn du dich also nicht nur wunderst, dass dein Pferd nicht so recht vorwärts mag, sondern auch, dass du nicht wirklich da ankommst, wo du hinwillst, dann weißt du jetzt warum das so ist. Wenn also beispielsweise eine Bahnfigur korrekt ausgeführt sein soll, dann ist es wichtig, die Punkte der Bahn zu fokussieren, die du dafür brauchst. Mit dem Blick nach unten ist das immer nur so ein irgendwie Genau.
Allerdings bedeutet das Abwenden des Blickes vom Pferd, dass man es loslässt. Ein Stück weit die Kontrolle aufgibt und dem Pferd zugesteht, seinen Teil der Verantwortung zu tragen. Das wiederum hat ganz viel mit Vertrauen zu tun. Und zwar in erster Linie mit Selbstvertrauen. „Ich habe alles im Griff und ich kann mögliche Probleme lösen, obwohl ich nicht hinschaue.“ Das fällt so spontan durchaus mal nicht so leicht. Das ist aber ganz normal. Das braucht ganz einfach Übung und Gewöhnung. Das kann man aber richtig gut lernen.
Mit ein bisschen mehr Wissen um die Macht und Wirkung unserer Blickrichtung, lässt sich auf leichte und relativ problemlose Art und Weise da wieder Schwung reinbringen.
Schau hin, wo du hinwillst
Was kannst du also tun, um hier eine Veränderung hineinzubekommen. Wieder ins Vorwärts zu kommen. Ganz einfach. Als erstes ….. den Kopf heben. Überlege dir, wo du denn hinwillst. Nicht nur einmal, sondern in jeder Sekunde. Du bist ja in Bewegung. Also ändert sich dein Ziel auch immer wieder. Richte deine Aufmerksamkeit nach vorne, damit fängt die Energie wieder an zu fließen. Wichtig ist es, nicht wieder ins Fixieren zu kommen. Wir wissen jetzt ja, fixieren hat was mit festhalten zu tun. Das wollen wir aber ja auf keinen Fall. Überlege dir immer wieder, wo du hinwillst mit deinem Pferd und richte den Blick darauf. Weich und beweglich. Dann kann dein Pferd sich lösen und wird deiner Aufmerksamkeit folgen. Nach vorne. Auch hier gilt: das braucht Geduld und Zeit. Die solltest du dir und deinem Pferd geben.
Um das noch etwas zu erleichtern und dich zu unterstützen, möchte ich dir noch ein Bild an die Hand geben. Wenn du also deinen Blick nach vorne gerichtet hast, stelle dir vor, du reitest auf einer Wiese. Auf einer schönen grünen Wiese. Die ist unendlich lang. Und, ganz wichtig, die ist jetzt nicht steil, aber doch deutlich ansteigend. Da reitest du innerlich hoch. Stell dir das ruhig so intensiv wie möglich vor. Und fühle, was passiert:
- Dein Körper wird nämlich dieser Vorstellung folgen und sich auf die Steigung einstellen
- Dieser Vorstellung und deiner Körperreaktion wird dein Pferd folgen
- Es wird Stück für Stück in der Vorhand leichter werden
- Der Schwerpunkt verschiebt sich in Richtung Hinterhand
- Dein Pferd kann dadurch leichter und motivierter nach vorne gehen
- Du kannst immer mehr loslassen
- Du wirst entspannter
- Ihr kommt miteinander in Schwung und unterstützt euch gegenseitig
Durch dieses innere Bild wirst du viel schneller und feiner in deinen Reaktionen. Du arbeitest nicht mit Muskelkraft, die immer langsam und zäh ist. Sondern mit deiner Vorstellung und dem Bild. Dein Körper und das Pferd folgen dem. Leicht, ohne Druck, einfach so.