Heute gibt es mal eine kleine Geschichte von mir. Etwas, das ich vor langer Zeit selbst miterlebt habe.
Ich war früher viel und gern auf Turnieren unterwegs. Lang ist es her. Zuerst bin ich vor allem gesprungen, bis ich meine Vorliebe für die Dressur entdeckt habe. Fast jedes Wochenende waren wir unterwegs, meine Trainerin und ich. Mit vier Pferden. Eine sehr schöne Zeit. Ich denke immer wieder gerne daran.
Sommer, Sonne, Sonnenschein
Und da durfte ich etwas erleben, das ich vermutlich nie vergessen werde. Meine Trainerin war mit ihrem Schimmel mitten in einer Dressurprüfung. Er war da echt eine Bank. Souverän, sicher, unerschütterlich. Ein echter „Professor“, wusste die Aufgaben schon auswendig, was allerdings auch eine echte Herausforderung bedeutete. Wenn man nur einen winzigen Moment unaufmerksam war, hat ER entschieden, was die nächste Lektion in der Aufgabe war. Die Dressur wurde unter freiem Himmel geritten. Die Richter saßen an der kurzen Seite und da die Sonne doch recht intensiv schien, waren Schirme aufgestellt.
Da isser, der Sonnenschirm…
In der Aufgabe hieß es irgendwann „Halten an der kurzen Seite“. Das war an der kurzen Seite genau vor den Richtern. Der Schimmel hielt und wie immer wäre jedes Reiterstandbild neidisch geworden. Geschlossen und in Ruhe. Als ob er es erfunden hätte. Und plötzlich kam ein Windstoß. Er fuhr unter die Schirme und einer davon fiel dem Pferd genau vor die Füße. Alle Zuschauer erstarrten vor Schreck und hielten die Luft an.
Was machten Reiterin und Pferd? Nichts. Absolut gar nichts. Meine Trainerin zuckte mit keiner Wimper und das Pferd mit keinem Ohr. Wie angewurzelt standen die beiden da. Ruhig und gelassen wie zuvor und warteten, bist der Schirm weggeräumt war, beendeten die Aufgabe und ich glaube, sie haben auch gewonnen. Das weiß ich nicht mehr so ganz genau.
Bis hierhin alleine wäre die Geschichte schon erwähnenswert. Sie geht aber noch weiter.
Das „andere“ Pferd
Der Schimmel wurde nämlich irgendwann später verkauft. Und nochmal eine Zeit später sah ich ihn wieder. In einer Reithalle, wo er ganz normal von seiner neuen Besitzerin geritten wurde. Und ich sah ein Pferd, das durch keine Ecke durchwollte, weil die alle ganz furchtbar „gruselig“ waren und das sich vor jedem Sonnenflecken auf dem Hallenboden erschreckt hat. Das kaum einen geraden Schritt hinbekam, vor lauter Glotzerei. Ein völlig anderes Pferd. Wenn ich das vorher nicht selbst erlebt hätte, ich hätte es keinem geglaubt.
Das zeigt auf sehr eindrucksvolle Weise, wie sehr uns unsere Pferde folgen. Ins Vertrauen, in die Sicherheit. Wenn wir ihnen das bieten, dann schließen sie sich uns gerne an und gehen durch alles durch mit uns. Wenn wir dazu aber nicht in der Lage sind, unsicher und zögerlich mit uns selber, den Pferden und auch Situationen umgehen, dann werden sie ebenso genau das: unsicher und zögerlich. Es liegt an uns. Immer.
Wenn uns unser Pferd also etwas zeigt, das uns nicht gefällt, das wir nicht haben wollen und das uns letztlich das Vertrauen nimmt, dann hilft es wenig bis nichts, am Pferd „herumzuschrauben“. Es sind wir, die sich ändern müssen. Und dann verändert auch das Pferd sein Verhalten und wird uns vertrauen. Eindrucksvoller als in dieser Geschichte kann uns das nicht aufgezeigt werden.